Der Visionär
Joe Bostic 1908-1988
Der Mann, der Gospel auf die Weltbühne brachte
Joe Bostic war eine wahre Koryphäe und eine treibende Kraft in der Welt der Gospelmusik und des Entertainments, besonders in der vibrierenden Kulturszene New York Citys. Von seiner Geburt im Jahr 1908 bis zu seinem Tod 1988 prägte er das Genre nachhaltig und ebnete den Weg für unzählige Künstler.
Ein Multitalent mit Weitblick
Bostics Karriere war so facettenreich wie beeindruckend. Er begann als Sportreporter und fand schnell seinen Weg zum Radio als WLIB-Diskjockey, wo sein sonntagmorgendliches Programm "Gospel Train" ihm den Titel "Dean of Gospel Disk Jockeys" einbrachte. Doch sein Einfluss reichte weit darüber hinaus: Er schrieb für die linke schwarze Zeitung People's Voice, war als Presseagent im Sport tätig und begeisterte als Box- und Wrestling-Ansager – als erster schwarzer Ansager überhaupt im Madison Square Garden. Auch im Fernsehen hinterließ er als TV-Sportmoderator und mit seiner eigenen Show "Gospel TV Time" Spuren.
Seine entscheidende Wende erfuhr Bostics Laufbahn jedoch, als er als Assistent und Zeremonienmeister im Golden Gate in Kontakt mit der Gospelszene kam. Dies war der Beginn einer bemerkenswerten Entwicklung, die ihn in den 1950er Jahren zum herausragenden Gospel-Promoter New Yorks machte.
Mahalia Jackson: Eine schicksalhafte Allianz
Die wohl wichtigste Zusammenarbeit in Bostics Leben war die mit der unvergleichlichen Mahalia Jackson. Er war nicht nur ihr wichtigster Gospel-Discjockey und Presseagent in New York, sondern auch der Visionär hinter ihrem bahnbrechenden Debüt in der Carnegie Hall am 4. Oktober 1950. Trotz Jacksons anfänglicher Bedenken, dass Gospelmusik nicht "klassisch genug" sei, überzeugte Bostic sie. Das Konzert war ein überwältigender Erfolg, restlos ausverkauft und ebnete den Weg für weitere jährliche Auftritte in der Carnegie Hall und im Madison Square Garden. Bostic wurde fortan liebevoll als "Conductor Bostic" bezeichnet, der den "Gospel Train" fuhr.
Auch wenn die Beziehung zwischen Bostic und Jackson aufgrund finanzieller Differenzen und gelegentlicher Spannungen nicht immer reibungslos verlief, schätzte Jackson seinen "ausgeprägten Sinn für Anstand" und vertraute auf sein Urteil, etwa bei ihren ersten Aufnahmen nach einer Krankheit.
Der Philosoph des Gospel
Joe Bostic war nicht nur ein Veranstalter, sondern auch ein tiefgründiger Denker über die Entwicklung des Gospels. Er vertrat die Ansicht, dass Gospelgesang eine natürliche Evolution aus Spirituals – den hoffnungsvollen Liedern der Sklaven – und Jubiläumsliedern – fröhlicheren Ausdrucksformen der nach dem Bürgerkrieg gewonnenen Freiheit – sei. Für ihn begann der eigentliche Gospelgesang in den frühen 1930er Jahren. Sein unbeirrtes Credo war, dass es vor seinen Bemühungen "nichts wie mich und keine Gospelsongs" in der Carnegie Hall gab.
Wegweisende Erfolge und ein bleibendes Erbe
Bostics Pioniergeist manifestierte sich in zahlreichen Erfolgen. Er war der erste Afroamerikaner, der ein Gospelkonzert in der Carnegie Hall veranstaltete. Sein "Jamboree of Religions" im Madison Square Garden war ein phänomenaler Erfolg, der 11.000 Zuschauer anzog und ein fünfstündiges "First Annual Gospel, Spiritual and Folk Music Festival" bot. Für dieses Event scheute er keine Mühen, ließ sogar die Ward Singers aus Schweden einfliegen und gewann Sidney Poitier als Präsentator für Mahalia Jackson. Auch das Newport Jazz Festival von 1957 trug seine Handschrift, mit Mahalia Jackson als integralem Bestandteil des Gospel-Programms.
Bostic, beschrieben als "sehr intelligenter Mann" und "tougher Geschäftsmann", gründete sogar sein eigenes Plattenlabel, Holy Hour. Trotz einer weniger erfolgreichen Jubiläumsveranstaltung 1962 auf Randall's Island bleibt sein Vermächtnis unbestreitbar. Joe Bostic war eine zentrale Figur bei der Kommerzialisierung und Popularisierung der Gospelmusik. Er riss Barrieren ein und brachte die ergreifende Kraft des Gospels auf die größten Bühnen Amerikas, wodurch er das Genre für zukünftige Generationen neu definierte.