Geld und Finanzen

Ein ganz besonderes Thema

Armut - Misstrauen - Millionen

Mahalia Jacksons Umgang mit Geld, Finanzen und Investitionen war untrennbar mit ihren frühen Erfahrungen von Armut und Ausbeutung verbunden. Dies prägte ihren ausgeprägten Geschäftssinn, ein tiefes Misstrauen gegenüber anderen und den unbedingten Wunsch, die Kontrolle über ihre Einnahmen zu behalten.

Frühe Prägung durch Armut und Sparsamkeit

Geboren in tiefster Armut in New Orleans, musste Mahalia bereits als Kind arbeiten. Sie verdingte sich als Dienstmädchen, Wäscherin oder Köchin und verdiente anfangs lediglich zwei Dollar pro Woche. Ihre Tante Duke lehrte sie früh die Härte des Geldverdienens und -behaltens. Ihr Onkel Porter riet ihr, niemandem zu vertrauen und immer bar und vollständig bezahlt zu werden. Diese Lektionen saßen tief und führten zu einer lebenslangen Sparsamkeit und einem tiefen Misstrauen. Mahalia, die gut in Mathematik war, erkannte schnell die Bedeutung des Sparens für ihre Zukunft.

Unternehmerischer Aufstieg in Chicago

Mit 20 Jahren zog Mahalia nach Chicago. Nach einer Ausbildung zur Kosmetikerin eröffnete sie um 1940 ihren eigenen Schönheitssalon, „Mahalia's Beauty Salon“, in der South Indiana Avenue. Sie begann mit zwei Stühlen und vermietete einen, um die Miete zu decken. Der Salon war sehr erfolgreich und beschäftigte bis zu fünf oder sechs Mitarbeiter. Später erweiterte sie ihr Geschäft um „Mahalia's House of Flowers“, einen profitablen Blumenladen, der Kirchen, insbesondere bei Beerdigungen, mit Blumenschmuck versorgte. Trauernde bestanden darauf, Blumen bei ihr zu kaufen, wenn sie bei Beerdigungen sang, was das Geschäft äußerst lukrativ machte.

Parallel dazu begann sie frühzeitig, in Immobilien zu investieren und galt bereits 1945 als finanziell gut aufgestellt. Sie erwarb in den 1940er Jahren ein Gebäude in Chicagos Southside. Im Jahr 1957 kaufte sie trotz rassistischer Drohungen ein Haus im ausschließlich weißen Chatham-Viertel Chicagos für 40.000 Dollar in bar. Dieser mutige Schritt führte zu rassistischen Drohungen und einem Beschuss ihres Fensters, doch sie hielt stand und rief Bürgermeister Daley und das FBI ein. 1969 erwarb sie schließlich zwei Eigentumswohnungen in Hyde Park, Chicago, die sie zu einer großen Wohnung mit Blick auf den Michigansee kombinierte und die ihr letzter Wohnsitz war.

Ihr Weg und ihr Vermögen

Ihre Karriere als Gospelsängerin begann mit bescheidenen Einnahmen: Bei Beerdigungen verdiente sie bis zu 10 Dollar pro Woche und bei Konzerten bis zu 50 Dollar pro Woche, zuzüglich Spenden. Für Plattenaufnahmen erhielt sie anfangs etwa 25 Dollar pro Platte. Doch mit dem Vertrag bei Apollo Records im Jahr 1946, der ihr 10.000 Dollar pro Jahr garantierte, änderte sich dies schlagartig.

Ihr Hit „Move On Up a Little Higher“ war ein phänomenaler Erfolg: Er verkaufte sich allein in Chicago innerhalb von vier Wochen 50.000 Mal und übertraf in den USA die Millionengrenze an Verkäufen. Innerhalb des ersten Jahres verdiente Mahalia über 300.000 Dollar an Tantiemen aus diesem Lied. Weitere Millionenseller folgten, darunter „Even Me“ und „Just Over The Hill“ (jeweils 1,5 Millionen Verkäufe), sowie „In the Upper Room“. Ihr „Silent Night“ brach Sprachbarrieren und Verkaufsrekorde in Dänemark.

In den späten 1950er Jahren verdiente sie laut dem Ebony Magazine bis zu einer Million Dollar brutto pro Jahr, obwohl andere Schätzungen bei 100.000 Dollar pro Jahr lagen. Dieses immense Einkommen und ihre geschäftliche Cleverness trugen maßgeblich zu ihrem beträchtlichen Vermögen bei. Es wird berichtet, dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes ein Vermögen von über sechs Millionen Dollar hinterließ, zuzüglich einer weiteren Million Dollar aus Tantiemen und anderen Vermögenswerten. Andere Schätzungen, darunter die von Jules Schwerin, gehen sogar von bis zu neun Millionen Dollar aus, einschließlich ihres gesamten Immobilienbesitzes, ihrer Tantiemen und Investitionen. Kurz vor ihrem Tod wies sie ihren Anwalt Gene Shapiro an, alle ihre Sparbriefe einzulösen und ihr Geld sofort und bar zu holen, da sie nach Arizona ziehen wollte. Dazu kam es aber nicht mehr.

Besonderer Umgang mit Bezahlungen

Mahalia Jackson war bekannt dafür, Barzahlung im Voraus für ihre Auftritte zu verlangen. Sie bewahrte das Geld in ihrem BH oder in der Reißverschluss-Tasche ihrer Handtasche auf und war bekannt dafür, mit dem Geld im BH von Auftritten wegzugehen. Sie zählte die Einnahmen an der Tür selbst mit. Einmal zeigte sie John Sellers 60 Bündel mit je 1.000 Dollar, insgesamt also 60.000 Dollar, die sie unter ihrer Unterwäsche aufbewahrte. Bei einem Auftritt in Mobile, Alabama, fehlten ihr noch 1.250 Dollar der ausstehenden 2.500 Dollar, woraufhin sie ihre Assistentin zum Büro schickte, um das Geld zu zählen.

Ihr Misstrauen gegenüber Banken führte dazu, dass sie Tausende von Dollar in kleinen Filialen aufbewahrte. Einmal wurde ihr eine Auszahlung von 500 Dollar in einer Chicagoer Bank verweigert, weil die weiße Angestellte sie nicht kannte. Sie war dafür bekannt, Schecks monatelang zurückzuhalten und ihre eigenen Schecks platzen zu lassen. Ihr Anwalt Gene Shapiro half ihr später, ihr Geld bei einer großen Innenstadtbank anzulegen, die höhere Zinsen zahlte. Trotzdem war er entsetzt über den Zustand ihrer Finanzen, darunter „Vertragsstreitigkeiten, Missmanagement von Immobilien, Streitigkeiten über Prozentsätze, verschobene oder verlegte Gelder, kein Portfolio, ‘Leute in Not’“ sowie überbezahlte Kreditkartenrechnungen, geplatzte Schecks, ein jahrealter Sparbrief, auf den nie Zinsen gezahlt wurden, vergessene Einzahlungen bei einer kleinen Bank und ein aktueller Scheck über 13.900 Dollar, der zurückgegeben und nun verlegt worden war.

Mahalia lehnte lukrative Angebote ab, “weltliche“ Musik wie Jazz oder Blues zu singen, da sie ihren Überzeugungen als Gospelsängerin treu bleiben wollte. Sie empfand es als „ihre Seele für einen Dollar aufs Spiel zu setzen“.

Soziales Engagement

Mahalia Jacksons soziales Engagement war tief verwurzelt in ihren Überzeugungen. Sie gründete die Mahalia Jackson Scholarship Foundation, um begabten jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen. Sie spendete jahrelang aus eigener Tasche für diese Stiftung und bestand darauf, alle Schecks persönlich zu unterschreiben, um die Kontrolle über die Vergabe der Gelder zu behalten. Es lag ihr besonders am Herzen Martin Luther King Jr. und die Bürgerrechtsbewegung finanziell zu unterstützen. Für ein Benefizkonzert für eine Kindertagesstätte in Long Beach, Kalifornien (1969), stellte sie 5.000 Dollar für Werbung, Handzettel und Werbespots zur Verfügung. Ihr Arzt, William Barclay, gab an, dass ein „großer Teil“ seiner Praxis aus Patienten bestand, die Mahalia an ihn verwiesen hatte, und sie „die Rechnung vollständig übernommen“ habe.

Ein lang gehegter Traum war der Bau eines eigenen, überkonfessionellen Tempels in Chicago. Sie sammelte Spenden dafür, auch von Prominenten wie den „Rockyfellers“. Die Zeitung berichtete den Kaufpreis des K.A.M.-Tempels mit 2.225.000 Dollar, wofür Mahalia persönlich bürgte. Sie beklagte, dass „sie zwei Millionen Dollar verloren“ hätten.

Die Bezahlung von Mildred Falls

Die Beziehung zu ihrer langjährigen Pianistin Mildred Falls war von finanziellen Spannungen geprägt. Mildred Falls, die über 20 Jahre Mahalias treue Begleiterin war, wurde oft von vielen Weggefährten als unterbezahlt angesehen. Das ist ein sehr sensibles Thema, welches ich an anderer Stelle ausführlicher behandelt habe. Siehe hier!

Herausforderungen und Erbe

Spätere Geschäftsinteressen, wie das Fast-Food-Franchise „Mahalia Jackson’s Chicken System“, das Schwarzen Geschäfts- und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten sollte, verloren letztendlich Geld und gingen nach ihrem Tod bankrott. Auch gab es finanzielle Streitigkeiten mit ihrem zweiten Ehemann, Minters Galloway, deren Scheidungspapiere und finanzielle Details in der Presse veröffentlicht wurden. Sie hatte ihm ein Gehalt als “Begleiter“ gezahlt, das unter dem Üblichen lag.

Trotz gesundheitlicher Probleme in ihren letzten Lebensjahren und der Sorge, dass ihr Geld “schwinden würde“, wenn sie nicht sang, hinterließ sie ein großes Vermögen. Es gibt sehr unterschiedliche Angaben über die Höhe. Diese bewegen sich zwischen sechs, zehn und sogar zwanzig Millionen Dollar. Der größte Tei wurde an ihre Familie vererbt.

Fazit

Mahalia Jacksons finanzielle Reise ist die Geschichte einer bemerkenswerten Frau, die sich aus tiefster Armut emporarbeitete und ein Millionenvermögen aufbaute. Ihr tiefes Misstrauen und der Wunsch nach Kontrolle, gepaart mit einem scharfen Geschäftssinn, ermöglichten ihr, in einer oft ausbeuterischen Branche finanziell erfolgreich zu sein. Zugleich war sie eine großzügige Förderin der Bürgerrechtsbewegung und ihrer Gemeinschaft, auch wenn ihre persönlichen finanziellen Praktiken und ihre Strenge in Geschäftsbeziehungen manchmal zu Konflikten führten. Ihr Vermächtnis ist nicht nur das einer ikonischen Sängerin, sondern auch das einer finanziell unabhängigen schwarzen Frau, die ihren eigenen Weg ging.

©Thilo Plaesser